Zeigefingerendglied fehlt: Dennoch kein Anspruch auf Silikonfingerprothese

Die gesetzliche Krankenversicherung muss einen Versicherten, dem das Zeigefingerendglied fehlt, nicht mit einer Silikonfingerprothese versorgen. Denn das fehlende Fingerglied führe weder zu einer wesentlichen Beeinträchtigung von Körperfunktionen noch habe es entstellende Wirkung, so das Bundessozialgericht (BSG).

Als Grundlage für den geltend gemachten Anspruch komme zwar § 33 Absatz 1 Sozialgesetzbuch V (SGB V) in Betracht, erläutern die Richter. Als Körperersatzstück solle die Fingerprothese im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs eingesetzt werden, in dem die gesetzliche Krankenversicherung die Erhaltung, Wiederherstellung oder Verbesserung einer beeinträchtigten Körperfunktion zu bewirken hat. Das gelte grundsätzlich unabhängig davon, wie wichtig die fehlende Funktion für den Betroffenen konkret oder generell ist. Eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung scheide jedoch selbst für Hilfsmittel, die ein fehlendes Körperteil ersetzen, ausnahmsweise aus, wenn das Defizit des Betroffenen zu keinen oder allenfalls ganz geringfügigen Funktionsbeeinträchtigungen führt, die durch das begehrte Hilfsmittel nicht ausgeglichen werden können. Der Leistungsanspruch ergebe sich – soweit keine Funktionsbeeinträchtigung vorliegt – nicht bereits zur Wiederherstellung der vollständigen körperlichen Integrität beziehungsweise eines vollständigen, unversehrten Körperbildes, hebt das BSG hervor.

Das Fehlen des letzten Gliedes des Zeigefingers beeinträchtige indes die Greif- und Haltefunktion der Hand nicht nennenswert. Den Schutz vor Schmerzen beim Anstoßen des nicht durch einen Fingernagel geschützten Stumpfes leiste eine Fingerkappe nicht weniger sicher als die von der Klägerin begehrte Prothese. Da das Fehlen des Zeigefingerendgliedes nicht mit einer wesentlichen Beeinträchtigung von Körperfunktionen verbunden sei, liege auch keine Krankheit im Sinne des § 27 SGB V vor, deren Behandlungserfolg mithilfe eines Hilfsmittels zu sichern wäre. Auch unter dem Aspekt einer „entstellenden Wirkung“ liege in dem Verlust des Fingerendgliedes weder eine Behinderung noch eine Krankheit. Beim für die Öffentlichkeit typischen oberflächlichen Kontakt falle der Fingerdefekt der Klägerin kaum auf. Diesem

komme insgesamt allenfalls die Wirkung einer kleineren ästhetischen Unregelmäßigkeit ohne Krankheitswert zu, deren Beseitigung beziehungsweise Kaschierung – soweit sie vom Betroffenen gewünscht wird – als kosmetische Maßnahme dem Bereich der Eigenverantwortung angehöre.

Bundessozialgericht, Entscheidung vom 30.09.2015, B 3 KR 14/14 R

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