Widerrufsrecht besteht auch bei Online-Kursen

Ein Anbieter von Online-Kursen zur Vorbereitung auf einen Sportbootführerschein muss seinen Kunden ein Widerrufsrecht einräumen und sie darüber informieren. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm nach einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gegen den Betreiber der Internetseite „sportbootfuehrerschein.de“ entschieden, wie der Verband am 02.04.2013 mitteilte.

Der Betreiber hatte Online-Kurse mit einer Laufzeit von 24 Stunden bis zu sechs Monaten angeboten, die Nutzer aber nicht über ihr Widerrufsrecht aufgeklärt. Vor Gericht berief er sich laut vzbv auf eine Ausnahmeregelung im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 312b BGB). Danach gilt das Widerrufsrecht nicht für Verträge im Bereich der Freizeitgestaltung, wenn sich der Unternehmer dazu verpflichtet, seine Leistung zu

einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb eines genau angegebenen Zeitraums zu erbringen.

Die Nutzung eines Onlinekurses zur Vorbereitung auf einen Sportbootführerschein stelle zwar eine Freizeitveranstaltung dar, so das Gericht. Damit aber die Ausnahmeregelung greift, müsse diese Leistung vom Unternehmer zeitlich so eingegrenzt sein, dass ein Widerruf des Vertrags ihn in unangemessener Weise schädigen würde. Im vorliegenden Fall habe der Schwerpunkt der Leistung darin gelegen, dass Kursmaterial für den Sportbootführerschein für die Teilnehmer online gestellt wurde. Die Nutzer könnten zwar nur in einem bestimmten Zeitraum auf die Materialien zugreifen. Doch das allein belaste den Unternehmer nicht. Denn der Anbieter müsse deshalb keine besonderen Vorkehrungen treffen, um zu einem bestimmten Zeitpunkt leistungsfähig zu sein, so die Richter.

Typisches Merkmal für die vom Widerrufsrecht ausgenommenen Verträge sei, dass der Unternehmer nur eine begrenzte Zahl von Kunden gleichzeitig bedienen kann und daher die Leistungszeit im Voraus genau festlegen muss. Kurzfristige Stornierungen könnten dazu führen, dass die Nachbesetzung eines Teilnehmerplatzes nicht mehr möglich sei und der Unternehmer dadurch unverhältnismäßig belastet werde. In diesem Fall sei die Teilnehmeranzahl jedoch nicht begrenzt gewesen. Des Weiteren treffe die Ausnahmevorschrift auch deshalb nicht zu, weil Verbraucher sich in der Praxis nicht vor Vertragsschluss über Inhalt und Qualität des Online-Kurses informieren können. Die Kursmaterialien seien erst nach Abschluss des Vertrages abrufbar. Schon deshalb müsse der Verbraucher den Vertrag widerrufen können. Verbraucherzentrale Bundesverband, PM vom 02.04.2013 zu Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 21.02.2013, I-4 U 135/12

Eine Schadenspauschale von 10 Euro für Rücklastschriften, die sich ein Anbieter von Mobilfunkleistungen in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) vorbehält, ist zu hoch.

Damit hatte eine Klage des Deutschen Verbraucherschutzvereins e.V. Erfolg. Dieser hatte den Mobilfunkanbieter aufgefordert, Klauseln in seinen AGB zu unterlassen, die für Rücklastschriften eine Schadenspauschale in Höhe von 10 Euro und höher festlegten. Der Mobilfunkanbieter hatte in seinen AGB für eine „Rücklastschrift (die vom Kunden zu vertreten ist)“ eine Pauschale von 20,95 Euro verlangt. Diese setzte er im Anschluss an die Abmahnung zunächst auf 14,95 Euro und dann auf 10 Euro herab. Der Verbraucherschutzverein verlangte vor Gericht die Unterlassung der Klausel und die Zahlung der Gewinne an den Bundeshaushalt (Abschöpfung), die der Mobilfunkanbieter durch die Verwendung der unwirksamen Klausel erzielt hatte. Das OLG entsprach dem Klagebegehren. Die beanstandete AGB-Klausel sei unwirksam, weil die Rücklastschriftpauschale von 10 Euro den nach dem „gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden“ übersteigt (§ 309 Nr. 5a Bürgerliches Gesetzbuch).

Der beklagte Mobilfunkanbieter habe nicht schlüssig dargelegt, dass die jetzige Rücklastschriftpauschale dem branchentypischen Schaden entspricht, der durch eine Rücklastschrift entsteht. Der Verwender von AGB müsse darlegen und beweisen, dass die Pauschale im Rahmen des gewöhnlich zu erwartenden Schadens liegt. Der Mobilfunkanbieter habe hier aber nicht dargelegt, dass ihm über die Mindestbankgebühren von 3 Euro für eine nicht eingelöste oder stornierte Rücklastschrift hinaus durchschnittlich höhere Bankgebühren entstehen. Allenfalls könne ein linearer Mittelwert zwischen den Mindestbankgebühren von 3 Euro und den höchsten vorgetragenen Bankgebühren von 8,75 Euro zugrunde gelegt werden, also ein Wert von 5,87 Euro. Hinzu kämen die Benachrichtigungskosten. Diese habe der Mobilfunkanbieter selbst mit 0,40 Euro kalkuliert, sodass sich allenfalls ein durchschnittlicher Schaden in Höhe von 6,27 Euro ergibt.

Die vom Mobilfunkanbieter angesetzten Personalkosten und IT-Kosten für die Software, die zur Bearbeitung der Rücklastschriften erforderlich ist, dürften nicht in die Schadenspauschale eingerechnet werden. Im vertraglichen Schadenersatzrecht gelte der Grundsatz, dass Personalkosten und systembedingte allgemeine Kosten nicht erstattungsfähig sind, die zur weiteren Durchführung und Abwicklung des Vertrags aufgewendet werden, so das OLG.

Das OLG sah auch einen Gewinnabschöpfungsanspruch zugunsten des Bundeshaushalts als gegeben an, weil der Mobilfunkanbieter vorsätzlich eine unzulässige geschäftliche Handlung vorgenommen und hierdurch zulasten einer Vielzahl von Kunden Gewinn erzielt habe. Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 26.03.2013, 2 U 7/12