Verteilung der Erbbauzinsen auf die Laufzeit ist verfassungswidrig

Für verfassungswidrig hält der Bundesfinanzhof (BFH) die rückwirkende Einführung einer Regelung, die die Aufteilung von in einem Einmalbetrag geleisteten Erbbauzinsen auf die Laufzeit des Erbbaurechts betrifft. Die Richter sehen einen Verstoß gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und haben deshalb das Bundesverfassungsgericht angerufen.

Nach § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG in der Fassung des Richtlinien-Umsetzungsgesetzes vom 09.12.2004 sind Ausgaben, die für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus geleistet werden, auf den Zeitraum zu verteilen, für den sie geleistet werden. Diese Vorschrift ist im Hinblick auf Erbbauzinsen erstmals für Vorauszahlungen nach dem 31.12.2003 anzuwenden.

Der BFH meint, die Neuregelung sei mit den verfassungsrechtlichen Grundsätzen des Vertrauensschutzes insoweit unvereinbar, als danach im Voraus gezahlte Erbbauzinsen auch dann auf den Zeitraum des Erbbaurechts zu verteilen sind, wenn sie im Jahr 2004, aber noch vor Einbringung der Neuregelung in den Deutschen Bundestag am 27.10.2004 verbindlich vereinbart und gezahlt wurden.

Im Streitfall hatte der Steuerpflichtige im August 2004 einen Miterbbaurechtsanteil an einem Erbbaurecht, verbunden mit dem Sondereigentum an einer vermieteten Eigentumswohnung erworben. Er sollte zusammen mit dem Kaufpreis 36.350 Euro zahlen, um die Erbbauzinsansprüche für die Gesamtlaufzeit des Erbbaurechts abzugelten. Dies tat er im September 2004. Sein Begehren, die 36.350 Euro als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen, hatte – wegen § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG – weder beim Finanzamt noch beim Finanzgericht Erfolg.

Der BFH hält das Vertrauen des Steuerpflichtigen in die im August/September 2004 geltende Rechtslage für schutzwürdig. Danach seien Erbbauzinsen Nutzungsentgelt und nicht Anschaffungskosten des Rechts. Das dazu in Widerspruch stehende Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 10.12.1996 habe der BFH in einem Urteil vom September 2003 (IX R 65/02) zurückgewiesen. Da das Gesetz damals keine Verteilung auf die Zeit der Nutzung vorgesehen habe, seien die im Voraus gezahlten Erbbauzinsen sofort als Werbungskosten abziehbar.

Zwar habe die Finanzverwaltung das BFH-Urteil durch Nichtveröffentlichen nicht angewandt. Dies stehe dem Vertrauen des Steuerpflichtigen in die ständige Rechtsprechung und eindeutige Gesetzeslage aber nicht entgegen. Das Vertrauen des Bürgers sei durch die Rückwirkung mithin enttäuscht, so der BFH. Da sich diese Rückwirkung auch nicht durch die vom Gesetzgeber genannten Gründe, Mehreinkünfte zu erzielen, rechtfertigen lasse, sei sie mit dem grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutz unvereinbar und deshalb verfassungswidrig.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 07.12.2010, IX R 70/07

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