Versand mehrerer Steuerbescheide in einem Umschlag kann Zugangsnachweis erleichtern

Trotz Bestreitens des Steuerpflichtigen ist vom Zugang eines Steuerbescheids auszugehen, wenn nachgewiesen ist, dass ein tatsächlich zugegangener anderer Bescheid vom Rechenzentrum im selben Umschlag versandt wurde. Dies stellt das Finanzgericht (FG) Münster klar.

Das Finanzamt erließ einen zunächst unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheid für 2016 gegenüber den Klägern, in dem es die Besteuerungsgrundlagen mangels Abgabe einer Erklärung schätzte. Mit Bescheid vom 05.08.2019 hob es den Vorbehalt der Nachprüfung auf und erließ am selben Tag einen erstmaligen Schätzungsbescheid für das Jahr 2017. Die daraus für 2017 resultierende Nachzahlung beglichen die Kläger fristgerecht innerhalb eines Monats.

Im Jahr 2020 reichten die Kläger eine Einkommensteuererklärung für 2016 ein. Hierauf übersandte das Finanzamt ihnen einen mit „Kopie“ beschrifteten Ausdruck des Bescheids für 2016 vom 05.08.2019 und teilte mit, dass eine Änderung nicht mehr möglich sei. Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein und trugen vor, diesen Bescheid nunmehr erstmals erhalten zu haben.

Eine Anfrage des Finanzamts beim Rechenzentrum der Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalen ergab, dass die beiden Einkommensteuerbescheide für 2016 und 2017 vom 05.08.2019 Inhalt einer Druckdatei gewesen seien, die zeitgleich mit dem Status „maschinell gut erfasst“ kuvertiert, ohne manuelle Bearbeitung durch einen Operator automatisch in die entsprechende Postbox einsortiert und am 05.08.2019 zur Post eingeliefert worden seien. Die Sendung habe fünf Blätter enthalten, wobei der zwei Blätter umfassende Einkommensteuerbescheid 2016 mit einem QR-Code frankiert gewesen sei, der drei Blätter umfassende Einkommensteuerbescheid 2017 dagegen nicht.

Daraufhin verwarf das Finanzamt den Einspruch wegen Verfristung als unzulässig. Zur Begründung ihrer hiergegen erhobenen Klage bestritten die Kläger weiterhin den Zugang des Bescheids für 2016 sowie dessen Versand in einem Umschlag mit dem anderen Bescheid. Der Fehler in der Zustellung liege möglicherweise auch beim Postdienstleister.

Die Klage ist erfolglos geblieben. Das FG Münster hat den Einspruch ebenso wie das Finanzamt als verfristet angesehen, da er von einem tatsächlichen Zugang des Einkommensteuerbescheids für 2016 vom 05.08.2019 ausgegangen ist. Nach den internen Ermittlungen des Finanzamts zum Postversand durch das Rechenzentrum seien beide Bescheide vom 05.08.2019 im selben Umschlag versandt worden. Die Angaben des Rechenzentrums seien nicht anzuzweifeln, da beide Bescheide Inhalt derselben Druckdatei mit insgesamt fünf Blättern gewesen seien, keine Fehlermeldung ersichtlich sei und der Bescheid für 2016 den für den Postversand notwendigen Aufdruck des QR-Codes enthalten habe, nicht aber der Bescheid für 2017. Ohne einen solchen QR-Code (Briefmarke) wäre ein (isolierter) Versand des Bescheids für 2017 nicht möglich gewesen.

Finanzgericht Münster, Urteil vom 16.08.2022, 6 K 2755/21 E