Urheberrecht: EuGH soll Fragen zum Schutz von Computerprogrammen klären

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) soll mehrere Fragen zum urheberrechtlichen Schutz von Computerprogrammen klären. Hierum bittet der Bundesgerichtshof (BGH), der in einem Verfahren über die urheberrechtliche Zulässigkeit des Vertriebs von Software zu entscheiden hat, die dem Nutzer das Manipulieren des auf einer Spielkonsole ablaufenden Programms ermöglicht (so genannte Cheat-Software).

Die Klägerin vertreibt als exklusive Lizenznehmerin in ganz Europa Spielkonsolen und Computerspiele hierfür. Bei den Beklagten zu 1 und 2 handelt es sich um Unternehmen einer Unternehmensgruppe, die Software entwickelt, produziert und vertreibt, insbesondere Ergänzungsprodukte zu den Spielkonsolen der Klägerin. Der Beklagte zu 3 ist Director der Beklagten zu 2. Mit der Software der Beklagten konnten Nutzer von Spielkonsolen der Klägerin bestimmte Beschränkungen in Computerspielen der Klägerin umgehen, zum Beispiel in einem Rennspiel die Beschränkung der Verwendbarkeit eines „Turbos“ oder der Verfügbarkeit von Fahrern. Dies bewirkten die Softwareprodukte der Beklagten, indem sie Daten verändern, die die Spiele der Klägerin im Arbeitsspeicher der Spielkonsole ablegen. Die Klägerin rügt, dass dies eine unzulässige Umarbeitung ihrer Computerspiele im Sinne von § 69c Nr. 2 Urhebergesetz (UrhG) darstelle.

Das Landgericht (LG) hat der auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung der Schadenersatzpflicht gerichteten Klage überwiegend stattgegeben. Indem die Nutzer mittels der Software der Beklagten durch externe Befehle in den Programmablauf der Computerspiele der Klägerin eingriffen und diesen veränderten, werde das Computerprogramm der Klägerin umgearbeitet. Es mache weder aus Benutzer- noch aus Urhebersicht einen Unterschied, ob eine Veränderung des Programmablaufs durch die Veränderung der Spielsoftware oder aber durch Veränderung von Daten im Arbeitsspeicher erreicht werde.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht (OLG) das Urteil des LG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das OLG zurückgewiesen. Es hat angenommen, es fehle an einer Umarbeitung eines Computerprogramms im Sinne von § 69c Nr. 2 UrhG.

Die Software der Beklagten greife lediglich in den Ablauf der Computerspiele der Klägerin ein, indem sie die im Arbeitsspeicher der Spielkonsole abgelegten Daten verändere, nicht aber die Computerbefehle selbst. Der programmgemäße Ablauf eines Computerprogramms gehöre aber nicht zum Schutzgegenstand von § 69a UrhG.

Mit der vom OLG zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Der BGH hat das Verfahren ausgesetzt, um den EuGH zu befragen. Dieser möge klären, ob in den Schutzbereich eines Computerprogramms nach Artikel 1 Absatz 1 bis 3 der Richtlinie 2009/24/EG eingegriffen wird, wenn nicht der Objekt oder Quellcode eines Computerprogramms oder dessen Vervielfältigung verändert wird, sondern ein gleichzeitig mit dem geschützten Computerprogramm ablaufendes anderes Programm den Inhalt von Variablen verändert, die das geschützte Computerprogramm im Arbeitsspeicher angelegt hat und im Ablauf des Programms verwendet. Auch möchte der BGH wissen, ob eine Umarbeitung im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchst. b der Richtlinie 2009/24/EG vorliegt, wenn nicht der Objekt- oder Quellcode eines Computerprogramms oder dessen Vervielfältigung verändert wird, sondern ein gleichzeitig mit dem geschützten Computerprogramm ablaufendes anderes Programm den Inhalt von Variablen verändert, die das geschützte Computerprogramm im Arbeitsspeicher angelegt hat und im Ablauf des Programms verwendet.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.02.2023, I ZR 157/21 – Action Replay