Tarifvertragsparteien: Kein Rechtsanspruch auf Abschluss eines (bestimmten) Tarifvertrags

Eine Tarifvertragspartei hat in der Regel keinen Anspruch auf Abschluss eines bestimmten Tarifvertrags gegen den Tarifpartner. Eine gerichtliche Verurteilung einer Tarifvertragspartei zum Abschluss eines bestimmten, vom klagenden Tarifpartner vorgelegten Entwurfs eines Tarifvertrags könne nur erfolgen, wenn eine rechtlich verbindliche Verpflichtung hierzu besteht, betont das Bundesarbeitsgericht (BAG).

Diese müsse sich ebenso zweifelsfrei wie der Inhalt der eingeklagten Erklärung aus der Verpflichtungsgrundlage (zum Beispiel einem Vorvertrag oder einer tariflichen Regelung) ergeben. Ansonsten bestehe allenfalls ein Verhandlungsanspruch der Tarifparteien gegeneinander. Die klagende Gewerkschaft (Deutsche Orchestervereinigung) hatte mit dem beklagten Arbeitgeberverband (Deutscher Bühnenverein) seit Jahren Tarifverträge für die Arbeitsverhältnisse der Mitglieder von Kulturorchestern geschlossen. Für die Vergütung sehen die tariflichen Regelungen eine Anpassungsverpflichtung vor, nach der bei einer allgemeinen Veränderung im Bereich der Kommunen und der Länder die Gehälter der tarifunterworfenen Musiker „durch Tarifvertrag sinngemäß anzupassen“ sind. Hieraus hat die klagende Gewerkschaft einen Anspruch gegen den beklagten Verband abgeleitet, einem von ihr formulierten Tarifvertragsentwurf zuzustimmen. Sie meint, die letzten Entgelterhöhungen im TVöD/VKA beziehungsweise TV-L seien „eins zu eins“ umzusetzen. Der Deutsche Bühnenverein hat dagegen die Auffassung vertreten, die Anpassungsklausel im Manteltarifvertrag enthalte lediglich eine Verhandlungspflicht.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das BAG hat die Revision der Gewerkschaft zurückgewiesen und eine Rechtspflicht des Arbeitgeberverbandes zum Abschluss eines bestimmten Tarifvertrages verneint. Zwar könne sich ein solcher Anspruch grundsätzlich aus einem verbindlichen Vorvertrag oder aus einer eigenen vorher vereinbarten tariflichen Regelung ergeben. Eine entsprechende Verpflichtung könne aber nur dann anerkannt werden, wenn sich sowohl der darauf gerichtete Bindungswille als auch der hinreichend konkretisierte Inhalt der angestrebten Tarifeinigung aus der verpflichtenden Regelung selbst ergibt. Für den Inhalt des Tarifvertrages bedeute dies regelmäßig, dass es nur eine einzige, der Vorgabe entsprechende Regelungsmöglichkeit geben darf. Seien diese Voraussetzungen nicht gegeben, bestehe – wie hier – lediglich eine – qualifizierte – Verhandlungspflicht der Tarifpartner.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.09.2013, 4 AZR 173/12

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