Steuer bei Wegzug ins EU-Ausland: Spanische Vorschrift EU-rechtswidrig

Es verstößt gegen EU-Recht, wenn ein Mitgliedstaat bestimmt, dass Steuerpflichtige, die ihren Wohnsitz in einen anderen Mitgliedstaat verlegen, dazu verpflichtet sind, sämtliche nicht verrechneten Einkünfte in die Besteuerungsgrundlage ihres letzten Veranlagungszeitraums als gebietsansässige Steuerpflichtige einzubeziehen. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Bezug auf Spanien entschieden. Betroffen seien die Niederlassungsfreiheit, die Arbeitnehmerfreizügigkeit sowie die Freizügigkeit.

Nach der in Rede stehenden spanischen Rechtsvorschrift habe der Wegzug aus Spanien für den Steuerpflichtigen die Verpflichtung zur Begleichung der Steuer zur Folge, bevor die Steuerpflichtigen, die ihren Wohnsitz weiter in Spanien haben, dazu verpflichtet seien. Diese unterschiedliche Behandlung ist laut EuGH geeignet, Personen, die ihren Wohnsitz ins Ausland verlegen, finanziell zu benachteiligen.

Zwar sei nur die Besteuerung bereits erzielter und steuerlich erfasster Einkünfte betroffen. Der Steuerschuldner werde also bei Wegzug nicht zusätzlich besteuert. Ihm werde aber ein Vorteil entzogen, der die Begleichung dieser Steuerschuld erleichtern kann. Die Entziehung dieses Vorteils stelle einen deutlichen Liquiditätsnachteil dar, so der EuGH. Diese Benachteiligung kann nach Ansicht des Gerichtshof auch nicht mit der Notwendigkeit gerechtfertigt werden, die Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten ausgewogenen aufzuteilen. Denn es gehe nicht um die Festsetzung der Steuerschuld im Zeitpunkt der Wohnsitzverlegung, sondern um ihre sofortige Einziehung. Insoweit aber habe das Königreich Spanien nicht nachgewiesen, dass es, wenn die Steuerhoheit des Wegzugsstaats und die des Aufnahmestaats nicht miteinander in Konflikt stehen, mit einem Problem der Doppelbesteuerung oder einer Situation konfrontiert wäre, in der die betroffenen Steuerpflichtigen jeglicher Besteuerung entgehen würden.

Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 12.07.2012, C–269/09