Sachverständigenkosten: Sicht des Unfall- geschädigten entscheidend

Für die Frage, ob der Unfallgeschädigte einen Anspruch auf Erstattung der gesamten Sachverständigenkosten hat, kommt es nicht darauf an, ob das vom Sachverständigen in Rechnung gestellte Honorar objektiv ortsüblich und angemessen ist, sondern ob dem Geschädigten der Vorwurf gemacht werden kann, er hätte sich einen billigeren Sachverständigen suchen müssen. Dies stellt das Amtsgericht München (AG) klar. Im Juni 2010 musste der Fahrer eines Skoda verkehrsbedingt bremsen. Das hinter ihm fahrende Auto fuhr daraufhin auf seinen Pkw auf. Der Autobesitzer wandte sich an seine Reparaturwerkstatt. Diese empfahl ihm zwei Sachverständige. Einer der Sachverständigen ermittelte dann die Reparaturkosten und die Wertminderung für das Auto und verlangte selbst rund 655 Euro Honorar. Die Versicherung des Unfallverursachers war bereit, die Wertminderung und die Reparaturkosten in Höhe von 2.150 Euro zu bezahlen. Allein bei den Sachverständigenkosten stellte sie sich quer. Diese seien zu hoch, fand sie und erstattete nur 189,50 Euro.

Der Fahrer des Skoda erhob daraufhin Klage vor dem AG München. Dieses gab ihm Recht und sprach ihm den Restbetrag zu. Ein Geschädigter könne im Zusammenhang mit der Schadensregulierung die Kosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten dürfe. Dies bedeute, dass er nicht nur das verlangen könne, was objektiv erforderlich sei, sondern auch das, was er in seiner konkreten Situation für erforderlich halten durfte.

Demzufolge komme es hier nicht darauf an, ob das von dem Sachverständigen in Rechnung gestellte Honorar objektiv ortsüblich und angemessen sei, sondern ob dem Kläger der Vorwurf gemacht werden könne, er habe bei der Auswahl des Sachverständigen seine Schadensminderungspflicht verletzt. Ihm vorliegenden Fall habe der Kläger sich an seine Reparaturwerkstatt gewandt, die ihm zwei Sachverständige empfohlen habe. Für einen der beiden habe er sich entschieden. Damit habe er sich so verhalten, wie es vermutlich die meisten Unfallgeschädigten täten, die mit der Materie nicht so vertraut seien, so das AG. Darüber hinaus gebe es kein „übliches“ Sachverständigenhonorar. Ein Großteil der Sachverständigen bestimme dieses nach der Schadenshöhe, ein Teil mache ein Zeithonorar geltend. Da es sich bei einem Sachverständigenhonorar um einen Werkvertrag handele, müsse ein bestimmtes Honorar auch nicht im vornherein vereinbart werden. Vereinbart sei im Zweifel immer die übliche Vergütung. Lediglich für den Fall, dass der in Rechnung gestellte Betrag für jeden Laien klar ersicht-

lich völlig außer Verhältnis zum Schaden stehe, habe der Geschädigte die Verpflichtung, diesen zu monieren.

Amtsgericht München, Urteil vom 29.03.2011, 343 C 20721/10, rechtskräftig

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