Pflichtteil: Schenkungsteuer auf Abfindung für Verzicht auf künftige Ansprüche

Die Abfindung, die ein künftiger gesetzlicher Erbe an einen anderen Erben für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteilsanspruch zahlt, ist eine freigebige Zuwendung des künftigen gesetzlichen Erben an den anderen. Dies kann nicht als fiktive Schenkung des künftigen Erblassers an diesen besteuert werden. Das hat der Bundesfinanzhof mit seinem jetzt veröffentlichten Urteil (Az. II R 21/11) entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall verzichtete ein Sohn durch den notariell beurkundeten Erbschaftsvertrag gegenüber seinen drei Brüdern für den Fall, dass er durch Testament von der Erbfolge seiner Mutter ausgeschlossen sein sollte, auf die Geltendmachung seines Pflichtteilsanspruchs gegen eine von den Brüdern zu zahlende Abfindung von je 150.000 Euro. Die Geschwister waren sich darüber einig, dass der Vertrag auch dann Bestand haben soll und die gezahlten Abfindungen nicht zurückzugewähren sind, wenn der Sohn nach dem Tod keinen Pflichtteilsanspruch erwirbt. Es sollte also keine Rückerstattung geben.

Nach dem Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung, soweit der

Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Eine freigebige Zuwendung setzt voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung unentgeltlich ist – in subjektiver Hinsicht muss also der Willen des Zuwendenden zur Freigebigkeit bestehen. Schließen künftige gesetzliche Erben einen Vertrag gemäß des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), wonach der eine auf seine künftigen Pflichtteilsansprüche gegen Zahlung eines Geldbetrages verzichtet, stellt die Summe eine freigebige Zuwendung des Zahlenden dar. Die Steuerklasse richtet sich dabei nicht nach dem Verhältnis des Verzichtenden zum Zahlenden, sondern zum künftigen Erblasser. Da die Abfindung in einem solchen Fall aus dem Vermögen des künftigen gesetzlichen Erben geleistet wird, liegt eine Schenkung von diesem an den Empfänger der Abfindung vor. Es ist nicht möglich, stattdessen eine fiktive Zuwendung des künftigen Erblassers an den Empfänger der Abfindungszahlung zu besteuern. Für diese Beurteilung gibt es keine gesetzliche Grundlage. Wie der Bundesfinanzhof bereits früher entschieden hatte, ist ein gesetzlicher Sondertatbestand nicht anwendbar. Der tritt ein, wenn auf bestimmte Abfindungen erst nach Eintritt des Erbfalls verzichtet wird.

Der künftige gesetzliche Erbe kann die Abfindung, die er an einen anderen für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteilsanspruch zahlt, beim Eintritt des Erbfalls als Nachlassverbindlichkeit vom Erwerb abziehen. Das beruht darauf, dass die Abfindung aus seinem Vermögen geleistet wurde.

Im Urteilsfall hatte das Finanzamt zu Unrecht die Abfindungszahlungen der Brüder als Schenkung der Mutter an den Sohn besteuert. Die von den Brüdern gezahlten Abfindungen stellen vielmehr drei getrennt zu besteuernde freigebige Zuwendungen der Brüder dar.

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