Nationale Steuergestaltungen: DStV entsetzt über Anzeigepflicht

Die bereits eingeführte Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen soll auf nationale Steuergestaltungen ausgeweitet werden. So steht es im Koalitionsvertrag der Bundesregierung. Der Deutsche Steuerberaterverband e. V. (DStV) reagierte „entsetzt“. Er lehnt die Anzeigepflicht kategorisch ab.

Die Bundesregierung habe sich auf die Fahnen geschrieben, beim Kampf gegen Steuerhinterziehung und aggressive Steuervermeidung eine Vorreiterrolle einzunehmen. Dazu wolle sie die bereits eingeführte Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen auch auf nationale Steuergestaltungen ausweiten, so der DStV, der sich bereits vor der Wahl klar gegen ein solches Vorhaben positioniert hatte. Solange die Praxiserfahrungen aus der Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen nicht hinreichend deren Wirksamkeit belegen, sei eine Erweiterung auf nationaler Ebene nicht angezeigt. Es drohten neben unverhältnismäßig hohem Bürokratieaufwand schließlich auch Sanktions- und Haftungsrisiken für den Berufsstand beziehungsweise seine Mandanten.

Wer die Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen kennt, dürfte sich beim Lesen des Vorhabens der Bundesregierung einige Fragen stellen, meint der DStV. Schließlich liege der Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen gerade die Erkenntnis zugrunde, dass Steuervermeidungsstrategien allzu oft auf nicht abgestimmten Steuersystemen verschiedener Mitgliedstaaten fußten. Dies zeige sich auch deutlich an den Tatbestandsmerkmalen, die eine solche Anzeige auslösen. Fraglich sei daher, wie eine „Ausweitung“ auf nationale Gestaltungen zu verstehen sei.

Bei der Umsetzung der Passage aus dem Koalitionsvertrag seien mehrere Szenarien denkbar:

  1. Es werden die Merkmale der EU-Meldepflicht auf nationaleSteuergestaltungen 1:1 übertragen und lösen eine Anzeige aus. Ob das sinnig ist, scheine fraglich, da viele Merkmale auf nationaler Ebene mangels tatsächlicher Anknüpfungspunkte gar nicht greifen könnten.
  2. Es werden neue Merkmale definiert, die eine Anzeigepflichtauslösen. Es bestünden dann jedoch parallel zwei unterschiedliche Meldesysteme – damit für alle Betroffenen ein bürokratisches Regelungswirrwarr, so der DStV.

Was sich die Koalitionspartner bei ihrer Formulierung gedacht haben, bleibe wohl vorerst ihr Geheimnis. Möglicherweise wollten sie mit der geplanten Umsatzgrenze von zehn Millionen Euro eine Einschränkung der rein nationalen Meldepflicht auf „Die Großen“ bezwecken. Dieses Ziel wäre jedoch nicht erreicht. Rufe man sich die Größenklassen nach § 267 Handelsgesetzbuch ins Gedächtnis, zeige sich, dass die neu geplante Mitteilungspflicht auch für kleine Kapitalgesellschaften geprüft werden müsste. Aus Sicht des DStV wäre das ein fatales Signal und für etliche kleine und mittleren Kanzleien ein unverhältnismäßiger Prüfungsaufwand. Es könne schließlich nicht Ziel sein, die Wirtschaft weiter zu schwächen, indem kleine Unternehmen unnötig gegängelt würden.

Für die Anzeige grenzüberschreitender Steuergestaltungen würden primär so genannte Intermediäre in die Pflicht genommen – also Steuerberater. Dies dürfte also auch bei einer Ausweitung der Meldepflicht zu erwarten sein. DStV-Präsident Torsten Lüth ist empört: Eine Anzeigepflicht für nationale Steuergestaltung sei für den Berufsstand ein Schlag ins Gesicht. „In der Krise greift die Bundesregierung gern auf unser Know-How und unsere Integrität zurück, um die Betrugsanfälligkeit im Zusammenhang mit den Corona-Hilfen zu vermeiden. Im gleichen Atemzug scheint sie ein

Feindbild des Beraters vor Augen zu haben, der durch kriminelle Gestaltungen das Steueraufkommen in Deutschland mindern möchte. Das ist doch absurd.“

Der DStV werde das Vorhaben mit Argusaugen verfolgen und sich mit aller Kraft gegen Zusatzbelastungen für kleine und mittlere Kanzleien und die zahlreich betroffenen kleinen und mittleren Unternehmen wehren.

Deutscher Steuerberaterverband e.V., PM vom 21.12.2021