Einkommensteuer: Keine Herabsetzung wegen nachträglich festgesetztem Kindergeld

Die nachträgliche Festsetzung von Kindergeld begründet keinen Anspruch auf Herabsetzung der bereits bestandskräftig festgesetzten Einkommensteuer. Denn nach einem rechtskräftigen Urteil vom Niedersächsischen Finanzgericht fehlt es im Verhältnis zwischen Kindergeldbescheid und Einkommensteuer-Festsetzung an der Beziehung zwischen dem Grundlagen- und dem Folgebescheid. Die nachträgliche Festsetzung oder Zahlung von Kindergeld ist kein rückwirkendes Ereignis, das eine Änderung des Einkommensteuerbescheides nach sich ziehen würde, betonten die Richter (Az. 4 K 207/11). Ein rückwirkendes Ereignis liegt vor, wenn sich nach Ergehen eines Steuerbescheids die rechtserhebliche Sachlage in der Weise ändert, dass nunmehr der veränderte anstelle des zuvor verwirklichten Sachverhalts der Besteuerung zugrunde zu legen ist. Die nachträgliche Festsetzung und Zahlung von Kindergeld ist aber kein solches rückwirkendes Ereignis, das den Anspruch auf Abzug von Kinderfreibeträgen begründen kann. Zwar besteht zwischen ihnen und der Zahlung von Kindergeld insofern eine Wechselbeziehung, als der Abzug der Freibeträge davon abhängt, dass die gebotene steuerliche Freistellung durch das Kindergeld nicht in vollem Umfang bewirkt wird. Dann wird bei der Verminderung des Einkommens um einen Kinderfreibetrag das gezahlte Kindergeld im entsprechenden Umfang der Einkommensteuer hinzugerechnet.

Im Hinblick auf diese Verknüpfung kann sich die nachträgliche Zahlung von Kindergeld aber nur insofern als rückwirkendes Ereignis auf die Einkommensteuerfestsetzung auswirken, als sie zur Erhöhung der Einkommensteuer um das gezahlte Kindergeld führt oder der Abzug der Freibeträge aufgrund der Günstigerprüfung vollständig rückgängig zu machen ist. Ein Einfluss in dem Sinn, dass durch die nachträgliche Kindergeldzahlung die rechtlichen Voraussetzungen für den Abzug von Freibeträgen entstehen, ist hingegen ausgeschlossen. Der nachträgliche Kindergeldfestsetzungsbescheid entfaltet keine weitere Wirkung, weil das Finanzamt bei der Beurteilung der Frage, ob die steuerlichen Voraussetzungen erfüllt sind, das Ergebnis der Familienkasse nicht übernehmen muss. Es hat selbständig und ohne Bindung an die Kollegen der Familienkasse die Voraussetzungen zu prüfen.

Auch eine Korrektur nach der Abgabenordnung wegen neuer Tatsachen scheidet aus. Zwar ist dem Finanzamt bei erstmaliger Durchführung der Einkommensteuerveranlagung nicht bekannt, ob und inwiefern die Voraussetzungen für die Berücksichtigung als Kind erfüllt sind, weil es beispielsweise für einen Beruf ausgebildet wird und die eigenen Einkünfte und sonstigen Bezüge den Grenzbetrag bis zum Jahr 2011 nicht übersteigen. Ein Steuerbescheid darf aber nicht zugunsten des Steuerzahlers aufgehoben oder geändert werden, wenn das Finanzamt bei ursprünglicher Kenntnis nicht anders entschieden hätte. Dadurch ist die Unkenntnis der später bekannt gewordenen Tatsache für die ursprüngliche Veranlagung nicht rechtserheblich, so das Gericht.

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