Außergewöhnliche Belastung: Kein Abzug für Besuchsfahrten zum Kind

Die Aufwendungen eines Elternteils für Besuche seiner bei dem anderen Elternteil lebenden Kinder sind nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar, so das Urteil vom Finanzgericht Baden-Württemberg (Az. 10 K 2352/10). Zwar haben Vater und Mutter die Pflicht, Kontakt zu ihrem Nachwuchs zu halten. Dadurch werden aber die zu den typischen Kosten der Lebensführung gehörenden Aufwendungen nicht außergewöhnlich in Hinsicht auf eine steuerliche Berücksichtigung. Durch die Regelungen des Familienleistungsausgleichs – Steuerfreibeträge oder Kindergeld – sind die Kosten eines Elternteils für Wochenendfahrten zu einem von ihm getrennt lebenden Kind in Erfüllung der elterlichen Pflicht zur Personensorge abgegolten.

Zwar gibt es durch die zivilrechtlichen Änderungen zum Umgangsrecht durch das Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts jetzt laut BGB eine ausdrücklich geregelte Rechtspflicht jedes Elternteils zum Umgang mit dem Kind. Daher entstehen die Aufwendungen für die Besuchsfahrten nunmehr zwangsläufig. Allerdings handelt es sich hierbei nach Ansicht der Richter um typische Kosten der Lebensführung, weil das Recht und die Pflicht zum Umgang mit den eigenen Kindern auch bei intakten Ehen aus dem gemeinsamen Sorgerecht bestehen. Es ist nämlich nicht als außergewöhnlich anzusehen, dass ein Elternteil von seinen Kindern getrennt lebt, weil zwischen den Eltern keine eheliche oder eheähnliche Lebensgemeinschaft mehr besteht. Denn eine räumliche Trennung zwischen Eltern und ihrem Nachwuchs ist auch bei zusammenlebenden Eltern nicht unüblich, etwa bei einem Heim- und Krankenhausaufenthalt, wenn der Nachwuchs eine Schule im Ausland besucht, auswärtig für einen Beruf ausgebildet wird oder in einer anderen Stadt studiert. Somit gibt es viele verschiedene Möglichkeiten in der Praxis, wann aufgrund der familiären Trennung Aufwendungen für den Umgang mit den Kindern entstehen.

Diese aus Sicht der Eltern ungünstige Steuerregelung verletzt nicht die Grundrechte. Denn im Einkommensteuerrecht gilt das Gebot, dass ein Existenzminimum des Steuerpflichtigen und seiner unterhaltsberechtigten Familie von der Einkommensteuer zu verschonen ist. Dies hat der Gesetzgeber durch pauschalierende Regelungen umgesetzt, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Zunächst wird das Existenzminimum über den Grundfreibetrag von der Besteuerung freigestellt. In einem zweiten Schritt werden zusätzliche Ausgaben durch Kinderfreibetrag oder Kindergeld berücksichtigt. Die Entscheidung des Gesetzgebers, Aufwendungen eines getrennt lebenden Elternteils für den Umgang mit den Kindern nicht noch gesondert zu berücksichtigen, liegt im Rahmen seines Regelungsspielraums.

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