Eine Einzelhandelskette darf eine Rabattmarkenaktion nicht vorzeitig abbrechen, sofern auf diese Möglichkeit nicht in den Teilnahmebedingungen hingewiesen worden ist. Dies stellt das Oberlandesgericht (OLG) Köln klar. Es hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, weil zur Frage der Irreführung durch den vorzeitigen Abbruch einer Rabattaktion bisher noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt.
Im Streitfall hatte die beklagte Einzelhandelskette im Jahr 2011 eine Rabattmarkenaktion in Zusammenarbeit mit der Firma Zwilling durchgeführt. Kunden konnten beim Einkauf Rabattmarken erwerben und diese zum Vollkleben von Rabattheftchen nutzen. Unter Vorlage dieser
Rabattheftchen konnten sie dann Messer der Marke Zwilling zu stark herabgesetzten Preisen erwerben. Die Aktion wurde rund zwei Monate vor dem Termin, der in den Teilnahmebedingungen angekündigt war, beendet. Grund hierfür war die hohe Nachfrage, die über dem Erfolg früherer Rabattaktionen lag und die Kapazität des Messerherstellers erschöpfte.
Der Kläger, eine Verbraucherzentrale, nahm die Beklagte auf Unterlassung derartiger Sonderaktionen in Anspruch, wenn diese vorzeitig abgebrochen werden müssen, ohne dass auf diese Möglichkeit in den Teilnahmebedingungen hingewiesen wurde. Die Klage war in zweiter Instanz erfolgreich.
Der Beklagten sei eine Irreführung des Verbrauchers vorzuwerfen, so das OLG Köln. Zwar habe sie zunächst vorgehabt, die Aktion wie vorgesehen zu Ende zu führen und sei später nur deswegen davon abgerückt, weil der Erfolg von ihr unvorhergesehen so durchschlagend gewesen sei, dass das Unternehmen auch unter Auslastung aller Kapazitäten die Nachfrage, die auf 4,5 Millionen Stück geschätzt wurde, nicht hätte befriedigen können. Jedoch erwarte der Verbraucher bei der Teilnahme an einer Rabattmarkenaktion, dass sich das anbietende Unternehmen so hinreichend mit den verbilligt angebotenen Waren eingedeckt habe, dass er auch gegen Ende des angekündigten Aktionszeitraumes noch von dem Angebot zum verbilligten Erwerb Gebrauch machen könne. Sei dies tatsächlich nicht der Fall, liege in der einschränkungslosen Angabe eines Endzeitpunktes des Sonderverkaufs eine Irreführung der Marktteilnehmer. Zudem hätte die Beklagte den großen Erfolg der Rabattmarkenaktion aufgrund ähnlich großer Erfolge früherer Aktionen voraussehen können und sich daher ausreichend bevorraten müssen, meinen die Richter.
Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 10.08.2012, 6 U 27/12
Die deutschen Preisvorschriften gelten grundsätzlich auch dann, wenn eine Versandapotheke, die ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union hat, verschreibungspflichtige Arzneimittel an Endverbraucher in Deutschland abgibt. Dies hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes entschieden.
Im zugrundeliegenden Fall, der beim Ersten Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) anhängig ist, hatte die Beklagte, eine in den Niederlanden ansässige Apotheke, im Wege des Internet-Versandhandels Medikamente für den deutschen Markt angeboten. Sie hatte mit einem Bonussystem geworben, nach dem der Kunde beim Kauf verschreibungspflichtiger Medikamente auf Kassenrezept einen Bonus von drei Prozent des Warenwertes, mindestens aber 2,50 Euro und höchstens 15 Euro pro verordneter Packung, erhalten sollte. Der Bonus sollte unmittelbar mit dem Rechnungsbetrag oder im Rahmen einer künftigen Bestellung verrechnet werden.
Die Klägerin, die im Inland eine Apotheke betreibt, sieht darin einen Verstoß gegen die Preisbindungsvorschriften, die im Arzneimittelrecht für verschreibungspflichtige Arzneimittel gelten. Sie hat die beklagte Versandapotheke auf Unterlassung der Ankündigung und Gewährung der Boni in Anspruch genommen.
Der Erste Zivilsenat des BGH hat die Frage, ob deutsches Arzneimittelpreisrecht auch für den Apothekenabgabepreis verschreibungspflichtiger Arzneimittel gilt, die im Wege des Versandhandels von einer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Versandapotheke im Inland in den Verkehr gebracht werden, bejahen wollen. Er hat sich hieran aber durch eine Entscheidung des Ersten Senats des Bundessozialgerichts (BSG) gehindert gesehen. Dieser hatte 2008 entschieden, dass das deutsche Arzneimittelpreisrecht nicht für Versandapotheken gilt, die aus dem europäischen Ausland Arzneimittel an deutsche Verbraucher schicken. Der Erste Zivilsenat des BGH hat die Frage deshalb dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes zur Entscheidung vorgelegt.
Der Gemeinsame Senat hat entschieden, dass die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage dafür darstellen, ausländische Versandapotheken, die verschreibungspflichtige Arzneimittel im Inland an Endverbraucher abgeben, deutschem Arzneimittelpreisrecht zu unterwerfen. Diesem Ergebnis stehe weder primäres noch sekundäres Unionsrecht entgegen. Die deutsche Regelung verstoße nicht gegen die Warenverkehrsfreiheit. Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 22.08.2012, GmS-OGB 1/10

