Erbschaft: Auch Verkauf unter Druck bringt rückwirkend Steuernachzahlung
Sofern der Nachfolger ein Unternehmen, den land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb, eine freiberufliche Praxis, die Beteiligung an einer gewerblichen Personengesellschaft oder GmbH-Anteile durch Schenkung oder Erbschaft erhält, gibt es nach dem ab 2009 geltenden neuen Recht einen Verschonungsabschlag von 85 oder sogar 100 Prozent und zusätzlich einen gleitenden Abzugsbetrag von höchstens 150.000 Euro. Beide Privilegien fallen jedoch mit Wirkung für die Vergangenheit zeitanteilig weg, soweit der Betrieb oder die Anteile innerhalb von fünf Jahren verkauft oder die Firma aufgegeben werden. Ebenfalls schädlich sind Entnahmen, wenn deren Summe die getätigten Einlagen und eingefahrenen Gewinne um mehr als 150.000 Euro übersteigen. Dabei entfallen die Steuervergünstigungen auch nachträglich, wenn beispielsweise die Mittel aus der Firmenkasse ausschließlich der Zahlung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer durch den Firmennachfolger dienten oder der neue Besitzer aus wirtschaftlichen Gründen zum Verkauf oder zur Aufgabe gezwungen ist. Denn es kommt nicht auf die Motive an, die zu einer steuerschädlichen Verwendung innerhalb der Haltefristen führen, weil die Steuervergünstigungen nur gewährt werden sollen, wenn und soweit der Betrieb in seinem Bestand vom Nachfolger fortgeführt wird. Dann soll er nicht so stark vom Finanzamt in Anspruch genommen werden.
Dieser Zweck hindert den Gesetzgeber nicht daran, das begünstigte Betriebsvermögen schmälernde Aktivitäten generell als schädlich einzustufen, so das Hessische Finanzgericht in einem aktuellen Urteil (Az. 1 K 3157/09), das mittlerweile rechtskräftig geworden ist. Im zugrunde liegenden Fall veräußerte der Nachlasspfleger GmbH-Geschäftsanteile aus der Hinterlassenschaft, ohne dass der Erbe darauf Einfluss nehmen konnte. Diese schädliche Verfügung über den betrieblichen Geschäftsanteil muss sich der Erbe zurechnen lassen, stellten die Richter klar. Das Gesetz stellt nämlich alleine auf den Umstand einer Veräußerung, Aufgabe oder Überentnahme ab und sieht keinerlei Ausnahmen für eine Zwangs- oder Drucksituation vor. Begünstigt werden soll nur die Fortführung des nahezu unveränderten Betriebs, was auch verfassungsrechtlich zulässig ist. Weder der Wortlaut noch Sinn und Zweck gebieten den Ausschluss der Nachversteuerung bei zwangsweiser oder kraft gesetzlicher Anordnung erfolgter Veräußerung.
So ist zum Beispiel ebenfalls schädlich, wenn das noch minderjährige Kind von seinem Vater eine Arztpraxis erbt, die es mangels erforderlicher Berufsqualifikation gar nicht fortführen darf. In einem solchen Fall wird der Vertragsarztsitz öffentlich ausgeschrieben und anschließend verkauft. Auch wenn der Nachwuchs unter 18 als Alleinerbe keine Chance hatte, die steuerlichen Bedingungen einzuhalten, muss er die Nachteile in Kauf nehmen und das erhaltene Betriebsvermögen ohne die Vergünstigung mit dem aktuellen Marktpreis versteuern. Allein entscheiden ist, dass sowohl nach dem Rechtsstand vor und ab der Erbschaftsteuerreform 2009 eine schädliche Verwendung des Betriebsvermögens rückwirkend zur Steuerpflicht führt, wenn dies innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Haltensfristen erfolgt. Das kann neben zu üppigen Privatentnahmen aus der Firmenkasse auch der unvermeidliche Verkauf unter Druck sein, weil der Nachfolger dies aufgrund gesetzlicher Anordnung mangels beruflicher Qualifikation vorzunehmen hat. Denn die Forderung des Fiskus lebt unabhängig vom Grund der unerwünschten Aktivität wieder auf.
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